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Lester kam zu ihr herüber. Er schob die Hände in die Hosentaschen und sah Sarah an. "Und was machen wir jetzt?" Ein wenig perplex erwiderte Sarah seinen Blick. "Öh, wir, naja, also, ich denke das sollte Danny sagen. Er ist der Polizist." Sofort hob Danny abwehrend die Hände. "Hey, nur mal langsam, ich bin gerne offen für jede Art von Vorschlägen." Lester hob die Schultern. "Versuchen, nicht verspachtelt zu werden halte ich zumindest für 'ne gute Idee. Bloß, wie stellen wir das an? Das Vieh schien immens hungrig." Als Abby und Sarah die erwartungsvollen Blicke aller auf sich spürten, sahen sie sich unsicher an. Ihnen wurde klar, das sich jeder hier im Raum auf sie verließ - weil sie die Ältesten waren. Es fiel ihnen wie Schuppen von den Augen. Jüngere Menschen machten stets die älteren zu ihren Anführern, das war eine ganz natürliche Reaktion. Bloß waren es Sarah und Abby nicht gewohnt, über das Leben von Menschen zu entscheiden. Normalerweise nahmen sie ihre Befehle von genau den Leuten entgegen, die jetzt angsterfüllt vor ihnen standen: Danny und Lester, vielleicht auch noch Becker oder Jenny, wenn es die Situation erforderte. Abby stieß angespannt die Luft aus. "Gut, okay, ich würde auch sagen wir sichern die Halle mal nach allen Seiten hin ab und suchen uns eventuell... Waffen oder sowas." "Das Absichern können wir vergessen, das Ding kommt auf jeden Fall hier rein. Zum einen sind schon mal die Fenster da oben offen." Lester deutete, während er redete, über Dannys Kopf. Die anderen legten den Kopf in den Nacken. Die Sonne schien schräg von der linken Seite durch das Glas. Er war später Nachmittag, was man vom Licht her erkennen konnte. Sarah und Abby hatten beide keine große Lust, die Nacht in einer alten Fabrik zu verbringen, mit einer Horde schreiender Kinder und einem blutrünstigen Raubtier aus der Zukunft. Sie wandten sich wieder den beiden Männern vor ihnen zu. Ihre jungen Gesichter waren ganz blass vor Anspannung. Sarah seufzte. "Also hört zu, Jungs, sucht nach Eisenstangen, Werkzeugen und Ähnlichem was wir zur Verteidigung verwenden können. In erster Linie müssen wir zusehen, dass wir das Vieh vor den Kindern fernhalten. Ryan, Cutter und Stephen hoben alle drei gleichzeitig die Hände. "Wir sind dabei!" Abby runzelte die Stirn. "Tom und Nick, ihr beide helft Jim und Danny mit der Suche. Stephen, du bist einfach noch zu jung dafür, du passt weiter auf die Kinder auf." Stephen zog ein Gesicht und hockte sich beleidigt auf den Boden, während Ryan und Cutter sich beeilten, um zu Lester und Danny aufzuschließen. Abby drehte sich weg und atmete tief durch. Für sie war es fast unerträglich, mit ihren mittlerweile toten Freunden zu sprechen. Sarah bemerkte ihren Gesichtsausdruck und zog sie zu Stephen und den Kindern hinüber. Die kleine Abby klammerte sich sofort an das Bein der erwachsenen Version. Sie strich ihr über den Kopf und musste dabei schmunzeln. Seltsam, sich selbst durch die Haare zu wuscheln. Sarah starrte ihre eigene Kinderausgabe mit großen Augen an. "Das ist ja sowas von verrückt...", murmelte sie und wandte sich an Becker. "Sag mal, Kleiner, wie heißt du eigentlich?" Abbys Grinsen wurde bei der Frage breiter. Gute Idee von Sarah, den Kinder-Becker nach seinem Namen zu fragen. Der erwachsene Becker machte nur stets ein riesiges Geheimnis daraus. "Hilary.", antwortete er arglos. (Achtung: Der Name ist irisch und wird in diesem Fall Ee-Lah-Ree ausgesprochen) "Soso, alles klar.", kicherte Sarah und zwinkerte Abby zu. "Sagt mal, Mädels, woher kanntet ihr eigentlich meinen und Nicks Namen?", warf Stephen da plötzlich dazwischen. Abby hatte gar nicht bemerkt, dass er ihnen zugehört hatte. "Was? Oh, ach das, joaaaah, die haben wir vorhin im Cafe mitbekommen." Stephen hob eine Augenbraue, sagte aber sonst nichts. Stattdessen ertönte ein schmerzerfüllter Schrei, etwas fiel dumpf zu Boden, Füße jagten davon, dann ein leises Knurren. Die Kinder schrien auf. Stephen zuckte zusammen und fing an zu zittern. Irgendetwas direkt hinter den Frauen jagte ihm einen höllischen Schreck ein. Abby und Sarah sahen sich an. Ein ungutes Gefühl keimte in ihnen auf, eines, das man dann bekam, wenn gleich etwas furchtbares passierte. Langsam drehten sie sich um. Überall war Blut auf dem Boden. Das Zukunftstarntier kauerte über einem reglosen, definitiv menschlichen Körper. Es fauchte sie an. Blut tropfte von seinen Zähnen. Die glühenden, gelben Augen fixierten sie. Die Neuronenklammer an seinem Kopf blinkte. Und gerade, als Sarah sich wunderte, ob die Klammer in einer anderen Zeitspanne überhaupt funktionierte, schoss die Kreatur auf sie zu.   
 
Lester kam zu ihr herüber. Er schob die Hände in die Hosentaschen und sah Sarah an. "Und was machen wir jetzt?" Ein wenig perplex erwiderte Sarah seinen Blick. "Öh, wir, naja, also, ich denke das sollte Danny sagen. Er ist der Polizist." Sofort hob Danny abwehrend die Hände. "Hey, nur mal langsam, ich bin gerne offen für jede Art von Vorschlägen." Lester hob die Schultern. "Versuchen, nicht verspachtelt zu werden halte ich zumindest für 'ne gute Idee. Bloß, wie stellen wir das an? Das Vieh schien immens hungrig." Als Abby und Sarah die erwartungsvollen Blicke aller auf sich spürten, sahen sie sich unsicher an. Ihnen wurde klar, das sich jeder hier im Raum auf sie verließ - weil sie die Ältesten waren. Es fiel ihnen wie Schuppen von den Augen. Jüngere Menschen machten stets die älteren zu ihren Anführern, das war eine ganz natürliche Reaktion. Bloß waren es Sarah und Abby nicht gewohnt, über das Leben von Menschen zu entscheiden. Normalerweise nahmen sie ihre Befehle von genau den Leuten entgegen, die jetzt angsterfüllt vor ihnen standen: Danny und Lester, vielleicht auch noch Becker oder Jenny, wenn es die Situation erforderte. Abby stieß angespannt die Luft aus. "Gut, okay, ich würde auch sagen wir sichern die Halle mal nach allen Seiten hin ab und suchen uns eventuell... Waffen oder sowas." "Das Absichern können wir vergessen, das Ding kommt auf jeden Fall hier rein. Zum einen sind schon mal die Fenster da oben offen." Lester deutete, während er redete, über Dannys Kopf. Die anderen legten den Kopf in den Nacken. Die Sonne schien schräg von der linken Seite durch das Glas. Er war später Nachmittag, was man vom Licht her erkennen konnte. Sarah und Abby hatten beide keine große Lust, die Nacht in einer alten Fabrik zu verbringen, mit einer Horde schreiender Kinder und einem blutrünstigen Raubtier aus der Zukunft. Sie wandten sich wieder den beiden Männern vor ihnen zu. Ihre jungen Gesichter waren ganz blass vor Anspannung. Sarah seufzte. "Also hört zu, Jungs, sucht nach Eisenstangen, Werkzeugen und Ähnlichem was wir zur Verteidigung verwenden können. In erster Linie müssen wir zusehen, dass wir das Vieh vor den Kindern fernhalten. Ryan, Cutter und Stephen hoben alle drei gleichzeitig die Hände. "Wir sind dabei!" Abby runzelte die Stirn. "Tom und Nick, ihr beide helft Jim und Danny mit der Suche. Stephen, du bist einfach noch zu jung dafür, du passt weiter auf die Kinder auf." Stephen zog ein Gesicht und hockte sich beleidigt auf den Boden, während Ryan und Cutter sich beeilten, um zu Lester und Danny aufzuschließen. Abby drehte sich weg und atmete tief durch. Für sie war es fast unerträglich, mit ihren mittlerweile toten Freunden zu sprechen. Sarah bemerkte ihren Gesichtsausdruck und zog sie zu Stephen und den Kindern hinüber. Die kleine Abby klammerte sich sofort an das Bein der erwachsenen Version. Sie strich ihr über den Kopf und musste dabei schmunzeln. Seltsam, sich selbst durch die Haare zu wuscheln. Sarah starrte ihre eigene Kinderausgabe mit großen Augen an. "Das ist ja sowas von verrückt...", murmelte sie und wandte sich an Becker. "Sag mal, Kleiner, wie heißt du eigentlich?" Abbys Grinsen wurde bei der Frage breiter. Gute Idee von Sarah, den Kinder-Becker nach seinem Namen zu fragen. Der erwachsene Becker machte nur stets ein riesiges Geheimnis daraus. "Hilary.", antwortete er arglos. (Achtung: Der Name ist irisch und wird in diesem Fall Ee-Lah-Ree ausgesprochen) "Soso, alles klar.", kicherte Sarah und zwinkerte Abby zu. "Sagt mal, Mädels, woher kanntet ihr eigentlich meinen und Nicks Namen?", warf Stephen da plötzlich dazwischen. Abby hatte gar nicht bemerkt, dass er ihnen zugehört hatte. "Was? Oh, ach das, joaaaah, die haben wir vorhin im Cafe mitbekommen." Stephen hob eine Augenbraue, sagte aber sonst nichts. Stattdessen ertönte ein schmerzerfüllter Schrei, etwas fiel dumpf zu Boden, Füße jagten davon, dann ein leises Knurren. Die Kinder schrien auf. Stephen zuckte zusammen und fing an zu zittern. Irgendetwas direkt hinter den Frauen jagte ihm einen höllischen Schreck ein. Abby und Sarah sahen sich an. Ein ungutes Gefühl keimte in ihnen auf, eines, das man dann bekam, wenn gleich etwas furchtbares passierte. Langsam drehten sie sich um. Überall war Blut auf dem Boden. Das Zukunftstarntier kauerte über einem reglosen, definitiv menschlichen Körper. Es fauchte sie an. Blut tropfte von seinen Zähnen. Die glühenden, gelben Augen fixierten sie. Die Neuronenklammer an seinem Kopf blinkte. Und gerade, als Sarah sich wunderte, ob die Klammer in einer anderen Zeitspanne überhaupt funktionierte, schoss die Kreatur auf sie zu.   
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= Kapitel (1)8 =
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Als Sarah zu sich kam, lag sie auf dem Boden. Die kalten, harten Fliesen fühlten sich ungenehm an an ihrer Wange. Als sie blinzelte, spürte sie, wie etwas ihre Wimpern verklebte. Auch ihre Haare klebten in ihrer Stirn. Als sie sich aufsetzte, spürte sie einen stechenden Schmerz in der Schulter, der langsam über den Hals und die Schläfe wanderte. Verwirrt sah sie sich um. Außer zwei Gestalten neben ihr war die Halle leer. Überall war Blut auf dem Boden, ob es sich nun um eine Lache handelte oder um Fußspuren, die durcheinander verliefen. Es waren Abdrücke von Kinderschuhen, Turnschuhen und einem Fuß, der mit Krallen besetzt war. Sie schluckte und wandte sich den Körpern neben ihr zu. Der eine lag mit dem Rücken zu ihr, kurze, blutige blonde Haare standen von seinem Kopf ab. Der teure Anzug war zerissen. Cutter. Daneben, und das ließ Sarah entsetzt die Luft anhalten, lag eines der fünf Kinder. Den Haaren nach eines der Mädchen. Doch sie war so voller Blut, dass Sarah nicht zu sagen vermochte wer es war. Sie schluchzte, und versuchte dann hinüber zu kriechen. Da fiel ihr Blick auf ihren rechten Arm. Blut floß daran herunter und schimmerte im Licht der Glühbirnen. Da kapierte sie endlich, wo die Schmerzen an ihrer Schulter herkamen, und was ihr Gesicht verschmierte. Sie japste erschrocken auf, als sie den klaffenden Schnitt an ihrer Schulter sah. Dass er sich noch weiter über den Hals und das Gesicht zog, konnte sie eher fühlen als sehen. Von den Anderen fehlte jede Spur. Sie mussten sie für tot gehalten haben, und dann versucht haben zu entkommen. Sarah kroch weiter zu den beiden Leichen neben ihr. Das durfte doch einfach nicht wahr sein. Sie hatten es nicht geschafft die Beiden vor dem Zukunftstarntier zu schützen. Nun geriet die komplette Zukunft aus den Fugen.
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Da fiel ihr was ein. Als sie das Tier attackiert hatte, war Stephen bei ihnen gewesen. Nicht Cutter. Im selben Moment hörte sie das laute Fauchen, das sie vor dem Verlieren ihres Bewusstseins gehört hatte. Sie wirbelte herum. Das heftige Pochen in ihrem Schädel zwang sie sofort auf die Knie und ließ sie schmerzvoll aufstöhnen. Das Zukunftstarntier rauschte aus irgend einer Ecke heran, die Klauen ausgefahren, und hielt auf sie zu. Auf einmal gab es ein schepperndes Geräusch, das Tier schrie auf, fiel zu Boden und taumelte, eine Sekunde bevor es Sarah erwischt gehabt hätte. Die Ägyptologin drehte sich perplex um. Hinter ihr stand der plötzlich wieder sehr lebendige Cutter, eine zerbrochende Glasflasche in der Hand. Hinter ihm sprang die Kinderleiche ebenfalls auf, nun erkannte Sarah dass es sich um Jenny handelte, und diese winkte heftig mit den Armen. "Los jetzt, kommt her!" Plötzlich krochen überall die Frühausgaben von Sarahs Teamkollegen hervor. Abby erschien hinter einem Arbeitstisch und schwang laut brüllend eine Metalstange über dem Kopf. Langsam kapierte Sarah, was hier vor sich ging. Sie hatten als Köder gedient und dem Zukunftstarntier so eine Falle gestellt.
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Eine halbe Stunde vorher sah Abby entsetzt mit an, wie das Zukunftstarntier sich genau auf die fünf Kinder stürzte. Es räumte Sarah mit einem kräftigen Hieb seiner klauenbesetzten Hand aus dem Weg, rammte sie dann Stephen in den Magen und griff sofort den kleinen Becker an. Abby trat mit dem Fuß nach ihm, traf es am Hinterkopf und beförderte es auf den Boden. Becker jaulte trotzdem auf und presste seine Hand auf den Nacken. Blut schoss darunter hervor. "CUTTER! DANNY! JAMES! RYAN", schrie sie laut, sich nicht darum scherend dass sie die Männer eigentlich anders anreden hätte sollen. Danny, Ryan und Cutter stürzten herbei. "Haltet das Vieh von den Kindern fern!", plärrte Abby und sprang auf. "Wo ist James?" "Das Ding hat ihn erwischt!", gab Danny zurück und deutete über die Schulter. Noch bevor Abby sich ganz umgedreht hatte, spürte sie eine Hand an der Hüfte. "Ich bin hier, nichts passiert!", erklang Lesters junge Stimme neben ihr. Der Student war zersaust und blass im Gesicht, und sein rechter Unterarm blutete stark. "Binde das ab!", befahl Abby ihm, und sah wieder nach dem Zukunftstarntier. Cutter versuchte, es zu treten, doch es wich ihm aus und stürzte sich auf Danny. Der Polizist haute mit der Taschenlampe zu. Glas splitterte, und Danny fluchte. Er starrte unglücklich auf seine zerschnittene Handfläche, während das Zukunftstarntier das Weite suchte, nachdem es auch noch Ryan angriff. "Alle in Ordnung?", rief Abby und rannte zwischen den Leuten durch. "Kannst du mir mal mit dem Knoten helfen?", bat Lester sie und lief ihr hinterher. Stephen kam ihm zur Hilfe, und gemeinsam verbanden sie den Unterarm mit einem Ärmel seines Sportjackets. In Abby blitzten kurz die Erinnerungen an ihre Woche in der Vergangenheit auf. Auch damals hatte Lester sein Jacket zerissen, um aus dem Stoff Verbände zu basteln. Dann fiel ihr Sarah ein, und sie ließ sich neben der Ägyptologin auf die Knie sinken. Sarah war eindeutig bewusstlos, aber nicht allzu gefährlich verletzt. Abby sah auf. Danny, Ryan und Cutter tigerten durch die Halle und hielten Ausschau nach dem Zukunftstarntier. Lester stand bei Becker, und Stephen beruhigte den Rest. Abby gesellte sich zuerst zu Lester hinüber. "Nicht weinen, Sportsfreund, schau mal, ich hab mir auch weh getan, und bin trotzdem ganz tapfer. Da, hier am Arm, siehst du?", sagte Lester gerade und zeigte Becker, nicht ohne ein wenig stolz zu sein, seinen verletzten Unterarm. Becker machte große Augen und nahm die Hand vom Nacken. Lester besah sich die Wunde, während Becker Lesters Arm packte und den rotbefleckten Verband bewunderte. "Krieg ich auch ein Pflaster?", wollte er mit aufgeregter Stimme wissen. Lester sah sich um. "Öh, ja, klar, wart mal." Abby lächelte und ging weiter zu Stephen. Die Mädchen hingen alle an ihm dran, Connor hing seinerseits an Jenny. "Kommst du klar?", wollte sie wissen, und der Jugendliche nickte. Sie grinste zurück und erreichte nun Danny, Ryan und Cutter. Ryan fuhr damit fort, durch die Halle zu streunen und nach dem Zukunftstarntier Ausschau zu halten. "Wir müssen es töten. Das Tier ist zu gefährlich um es am Leben zu lassen." Danny hob eine Augenbraue. "Warum sollten ausgerechnet wir das tun? Wir rufen einfach ein paar meiner Kollegen, oder ein Sicherheitsteam, oder Tierpfleger." "Weil wir tot sind ehe einer von denen eintrifft!", gab Abby zurück. Cutter machte einen Schritt auf sie zu. "Wir könnten dem Tier 'ne Falle stellen. Mit 'ner Übermacht gegen sich hat es keine Chance, gerade eben ist es ja auch schon abgehauen." Danny drehte sich mit einem spöttischen Lächeln zu ihm um. "Klar, wenn du den Köder spielst." Cutter wurde blass. "Wenn... Wenn es sein muss..." "Niemand spielt hier den Köder.", mischte sich Abby verärgert ein. "Warum nicht? Die Idee ist gut. Das Tier ist abgelenkt, der Rest versteckt sich in der Nähe und dann greifen wir alle zusammen an.", trug nun auch Stephen dazu bei. "Leute, nein! Das ist viel zu gefährlich!", brauste Abby weiterhin auf. Lester kam dazu. "Klingt jetzt vielleicht blöd, aber mit Sarah hätten wir doch schon 'nen Köder." Danny gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf. "Idiot! Das ist total gemein!" Lester verzog das Gesicht und legte die Hand auf die schmerzende Stelle. "Aua. Ich sag ja damit auch nicht dass wir sie alleine lassen. - Himmel, tut das weh! ... Unser Schotte hier hat sich doch vorhin eh freiwillig gemeldet. - Boah! So fest hättest du nun echt nicht zuschlagen müssen." Cutter seufzte. "Jaah, ich würds machen..." "Und wen stellen wir euch zur Seite, der das Signal gibt? Das muss schon jemand einschätzen, wann das Tier abgelenkt genug ist damit wir angreifen können.", wollte Abby wissen. Ihr gefiel die ganze Sache gar nicht. "Das könnte doch wer von uns machen!", drang da eine dünne Stimme zu ihnen herüber. Jenny, Becker und die kleine Sarah hatten sich zu ihrer vollen Größe aufgerichtet und wirkten selbstsicher. "Ooooh nein, auf gar keinen Fall! Dafür seid ihr noch viel zu klein!", schimpfte Abby. "Hilary riecht das Vieh doch sowieso. Bei dem ganzen Blut hinten dran.", merkte Lester an und wuschelte Becker durch die Haare. "Und dich ja dann wohl auch.", knurrte Cutter und puhlte seinen Finger in das Jacket um Lesters Arm. Der Student jaulte auf, sarrte auf seinen Unterarm und fuhr Cutter dann wütend mit dem Jacket über das Gesicht. "So, dito!", grummelte er, und fing sich dafür einen tadelnden Blick von Abby ein. Cutter schielte entsetzt auf die butverklebten Haare, die ihm nun ins Gesicht hingen. "Jetzt hört schon auf damit, ihr Kinder!", brummte Danny und sah Abby eindringlich an. "Wir brauchen immer noch 'nen dritten Köder. Und wir Erwachsenen müssen uns um das Vieh kümmern. Ergo haben wir ein Problem." "Ich sag doch, ich mache es.", sagte da Jenny wieder. Danny seufzte und sah zu ihr hinunter. "Kind, wie alt bist du eigentlich?" "Neun. Und werde bald zehn. Ich bin also alt genug!" Zum Beweis dafür stapfte sie zur Blutlache am Boden, die wohl von vorhin stammte, als das Zukunftstarntier Lester attackiert hatte, und tauchte die Hände hinein. "Jenny, warte doch mal!", begannen Abby und Danny, doch sie hatte sich schon damit beschmiert. Cutter hob eine Augenbraue, doch dann lächelte er Jenny an. "Mädchen, du gefällst mir. Ehrlich, warte noch zehn Jahre, und du wärst genau mein Typ." Er zog sein ohnehin schon zerfleddertes Jacket aus und tauchte es in die Blutlache. Dann bewegte er es hin- und her, als wollte er sie aufwischen. "Das ist doch voll eklig!", beschwerte sich Stephen, als die beiden an ihn vorbei gingen und sich zu Sarah auf den Boden legten. "Vor allem besudelt ihr euch hier alle mit MEINEM Blut, Leute! Ich finde das gar nicht gut, wenn wir das Tier ausgerechnet mit dem Blut anlocken, das nach MIR riecht!", ergänzte Lester weinerlich. "Leute, ihr habt was wichtiges vergessen!", rief Abby, als sie merkte, dass sie die jungen Leute bei ihrem Treiben sowieso nicht mehr aufhalten konnte. Wenn sie sich schon alle absichtlich so leichtfertig umbringen mussten, dann würde sie wenigstens dafür sorgen, dass sie so lange wie möglich überlebten. "Ach ja? Was?", wollte Danny wissen. "Naja... Waffen." Abby runzelte die Stirn. "Oder ihr spielt Klitschko und erwürgt das Tier mit bloßen Händen." "Oder wir spielen WAS?" Danny schaute leicht verwirrt drein. Abby biss sich auf die Lippen. Verdammt! Jetzt hatte sie sich selbst mit dem Zeitunterschied vertan. "Nun, ist ja auch egal. Was denkst du denn, was Jim, Tom, Nick und ich vorhin gemacht haben?" Er deutete auf einen kleinen Haufen mit Gegenständen. Ein Hammer, eine Metalstange, eine alte Glasflasche, einen Schneidbrenner, eine Zange und ein Holzbrett. Sie verdrehte die Augen. "Ach, na schön, bringt euch doch alle um wenn ihr meint!"
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Sie bauten den Kindern einen sicheren Unterschlupf aus umgekippten Arbeitstischen aus Metall. Sie waren von allen 4 Seiten geschützt, und Danny und Lester hievten am Ende noch einen Doppeltisch als Deckel auf die Tischränder. Die Kinder hatten wieder angefangen, ängstlich zu wimmern, beziehungsweise coole Sprüche zu klopfen. Lester stieß genervt die Luft aus. "Alter, nieeemals möcht ich Kinder haben! Das hält man ja im Traum nicht aus, ständig flennen oder sich wichtig machen!" Danny stimmte ihm zu, Abby prustete los. Danach schnappte sich jeder eine Waffe, nur Jenny blieb unbewaffnet. Cutters Aufgabe war es, das Zukunftstarntier von den beiden Mädels fernzuhalten. Sarah hatten sie nun doch liegen gelassen, wo sie war, denn egal wo sie sie abgelegt hätten, sicher wäre sie sowieso nirgends gewesen. Und nun hockten sie in ihren Verstecken, umklammerten nervös die Waffen und warteten. Zu Abbys Entsetzen kam Sarah nach einer Weile zu sich. Sie sahen ihr dabei zu, wie sie herumkroch und vermutlich dachte, Cutter und Jenny wären tot. Abby wollte sie gerne von den schrecklichen Befürchtungen erlösen, doch sie durften ihre Deckung nicht aufgeben. Und da war es - das gruselige Wesen aus der Zukunft kletterte durch das Fenster eines Nebenraumes und griff Sarah an. Abby wollte fast losstürmen, doch Cutter war rechtzeitig zur Stelle. Er schien das Zukunftstarntier erwischt zu haben, aber Abby konnte es nicht gut genug sehen um sich sicher zu sein. Jenny sprang auf und wedelte mit den Armen. Das war das Zeichen! Abby schoss aus ihrem Versteck nach vorne. Danny war der erste, der bei der Kreatur war. Cutter schnappte sich Jenny und brachte sie aus der Gefahrenzone. Danny zielte mit dem Schneidbrenner auf den Kopf des Tieres. Er ersengte ihr die Augen, was sie zum Kreischen brachte. Mit einer kräftigen Armbewegung schleuderte sie Dannys Schneidbrenner gegen einen Schrank am anderen Ende des Raumes. Nun war Lester mit dem Hammer zur Stelle. Er schlug zu, doch das Tier sprang zur Seite. Lesters Schlag zersplitterte die Fließen. Ryan bohrte dem Vieh die Zange in die Seite. Abby donnerte dem Tier die Metalstange gegen die Rippen. Es spie eine Ladung Blut über sie und fiel zu Boden. Stephen zog ihm das Holzbrett über den Schädel. Es zerbrach in zwei Hälften und knockte das Tier komplett aus. Sie hielten alle inne und starrten auf ihr nun wehrloses Opfer. "Wer macht den finalen Schlag?", fragte Danny und sah in die Runde. "Wenn ihr gestattet, würde ich das gerne tun.", meldete sich da Sarah zu Wort und stakste unsicher auf die Gruppe zu. "Kann dir wohl keiner verdenken.", meinte Lester und reichte ihr den Hammer. Ein zischendes Geräusch erhaschte Abbys Aufnerksamkeit. Sie drehte sich um und entdeckte den Schneidbrenner, der wieder angegangen war und nun Feuer in das Schrankinnere schoss. "Sagt mal, Leute, was wurde in dieser Fabrik eigentlich mal hergestellt?", fragte sie langsam. Danny hob die Schultern. "So genau weiß ich das auch nicht. Auf jeden Fall irgendwelche Chemikalien." Abbys Herz setzte für einen kurzen Moment aus. "Was? Lagern die das hier etwa noch?" Cutter kam zurück, nachdem er Jenny bei den anderen Kindern verfrachtet hatte. Im selben Moment drehte Danny sich um, um zu sehen was Abby so verschreckte. Der Schrank. Die Chemikalien. Das Feuer. "RUNTER!!!", plärrte er lauthals. Im selben Moment erschütterte eine Explosion die Wände der Fabrikhalle. Obwohl sie nicht besonders groß war, riss sie die Druckwelle von den Füßen. Abby spürte zuerst nur den Wind und die Hitze, dann sah sie, wie Cutter, Danny und Lester, die vor ihr und somit näher am Explosionsherd standen, von den Füßen gerissen wurden. Lester flog auf sie zu und krachte mit voller Wucht in sie. Abby wurde nun selbst von der Druckwelle erfasst und nach hinten geschleudert. In ihrem verzerrten Sichtfeld sah sie in den orange-roten Flammen Körper durch die Luft segeln. Dann verlor sie plötzlich an Schwung und landete rücklings auf dem Boden, wo sie noch ein Stückchen weiter nach hinten gefegt wurde, ehe sie zum Halt kam. Neben ihr landete Lester krachend in einem Regal voller Utensilien, das unter seinem Gewicht zerbrach. Danny rauschte wenige Sekunden darauf durch ein paar Holzbretter, die an der Wand gelehnt hatten. Ryan wurde gänzlich in die andere Richtung geweht und donnerte frontal gegen die Wand. Cutter und Stephen flogen heran. Cutter kam noch einigernaßen sanft auf dem Boden auf, wurde aber dann unter dem Inhalt eines umstürzenden Wandschranks begraben. Stephen knallte gegen ein Glasfenster und brach mit einem Scheppern hindurch. Als letztes trudelte Sarag daher, wie Abby rutschte sie noch ein Stück über den Boden und blieb dann neben ihrer Freundin liegen. Um sie herum schien die Welt in Watte gepackt zu sein, und es klingelte in ihren Ohren. "Auuuuh.", machte die Ägyptologin und verzog das Gesicht. "Auuuuh.", bestätigte Abby und ließ den Kopf auf den Boden plumpsen.
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Abby machte sich daran, Stephen und Danny zu helfen, während Sarah sich um Lester und Cutter kümmerte. Beide musste sie erst einmal unter einem Haufen von zerbrochenen Reagenzgläsern, Metalgefäßen, Zangen und Holzsplittern ausbuddeln. Sie waren beide bewusstlos, und Sarah schleifte sie an eine einigermaßen sauberne Stelle. Abby tat das Selbe bei Stephen, und Danny stützte sie beim Zurückkommen. Sarah eilte ihr zu Hilfe und gemeinsam brachten sie den Polizisten zu den anderen. Dann befreiten sie die Kinder aus ihrem Arbeitstische-Bunker, in dem sie keinen Kratzer abbekommen hatten. Ryan fanden sie ein paar Meter weiter und schleiften auch ihn zu den anderen. In der Ferne waren Sirenen zu hören. Sie rüttelten so lange an Cutter, Ryan, Stephen und Lester, bis die drei stöhnend wieder zu sich kamen. Sie sahen alle gleich aus: Kohleverschmierte Gesichter, zerschrammt, blutig, die Klamotten verbrannt und zerissen und die Haare angesengt und zersaust. Cutter fuhr sich über das Gesicht. "Was mache ich hier?" Stephen legte ihm die Hand auf die Schulter. "Ich weiß nicht mehr so genau... Warum sind wir hier gleich nochmal rein?" Abby warf Sarah einen Blick zu. Der harte Aufprall schien ihnen ein paar Gedächtnislücken verpasst zu haben. Danny fasste sich an den Kopf. "Wo ist das Tier?" "Tot. Es ist total verbrannt.", antwortete ihm Sarah. Er nickte zufrieden. "Tier? Was für eins war das nochmal?", murmelte Lester und bettete den schmerzenden Kopf auf seine Knie. "Ich kann mich nicht mehr erinnern wie es ausgesehen hat.", merkte Ryan an. Abby stand auf. Die Polizei und Krankenwägen würden bald hier sein. Höchste Zeit zu verschwinden. Sonst würde es nur 'ne Menge lästiger Fragen zu beantworten geben. "Ihr seid den Kindern gefogt, weil sie in der Fabrikhalle spielen wollten, und das gefährlich ist und ihr verhindern wolltet dass sie sich weh tun. Plötzlich ist ein streunender Dobermann aufgetaucht, und bei dem Versuch euch mit dem Schneidbrenner zu verteifigen habt ihr aus Versehen die gelagerten Chemikalien entzündet und die Explosion ausgelöst.", teilte Abby den Anwesenden mit. Sie wirkten ein wenig verwirrt, doch die Geschichte schien sich mit ihren lückenhaften Erinnerungen zu decken. "Wir sind gleich wieder da, wir zeigen den Leuten nur wo wir sind." Abby gab Sarah ein Zeichen, und sie trabten los. Nach einem kurzen Umweg fanden sie den Hinterausgang der Fabrik, und von da aus joggten sie zurück zum Hyde Park. "Anita! Rosaly!" Lesters Stimme ließ sie innehalten. Er hatte sie mühelos eingeholt, und baute sich jetzt alles andere als erschöpft vor ihnen auf. "Wieso haut ihr ab?", fragte er ärgerlich. "Weißt du, Jim, wir dürften eigentlich gar nicht hier sein. Und weil wir deshalb keinen Ärger mit der Polizei haben wollen, haben wir zugesehen dass wir schleunigst dahin zurückkommen, wo wir eigentlich gerade sein müssten.", antwortete Sarah ihm. "Ihr dürftet euch eigentlich gar nicht in London aufhalten?", schlussfolgerte Lester und hob eine Augenbraue. "Ja, und weil wir hier mehr als genug Chaos verursacht haben, halten wir es für besser zu verschwinden.", fügte Abby hinzu. Lester nickte langsam. "Ich schätze, ich bin härter gelandet als ich gedacht hab, weil ich nicht ganz kapiere um was es hier genau geht, aber ich denke dass ihr Recht habt." Abby lächelte ihn an. "Da schätzt du richtig, Jim, durch ein Regal zu krachen kann nicht gut für die Gesundheit sein. Und mit dem anderen hast du auch Recht." Lester grinste zurück. "Vielleicht sieht man sich ja mal wieder." Sarah zuckte mit den Schultern. "Man weiß ja nie...." "Wirst du Danny und die anderen wiedersehen?", fragte Abby da erschrocken. Ihr war eben erst eingefallen, dass sich die kompletten Teammitglieder vorher noch nicht gekannt hatten, als sie im ARC anfingen, mit der Ausnahme von Cutter und Stephen. Doch Lester schüttelte den Kopf. "Mein Schädel dröhnt wirklich. Ich weiß schon gar nicht mehr wie sie ausgesehen haben. Und ihre Namen werd ich bis heut Abend auch vergessen haben." "Du solltest ins Krankenhaus fahren, Jim.", riet ihm Abby und klopfte ihm auf die Schulter. Wieder schüttelte Lester den Kopf. "Ich fahr jetzt nach Hause und leg mich hin. Seht zu, dass ihr gut nach Hause kommt." Die Frauen nickten und gaben Lester zum Abschied die Hand. "Weißt du was, Jim, ich denke du würdest dich prima im Innenministerium machen.", meinte Sarah und drückte Lesters Hand. Dieser lachte. "Jaaah, alles klar, unfähige Leute rumkommandieren, die sich stets für schlauer halten und generell nur nach ihrer eigenen Meinung handeln." Abby machte inen Knicks. "Ist doch perfekt für dich!" Sie winkten, während Lester immer kleiner wurde, und machten sich dann auf die Suche nach der Seitengasse, in der sie vorher aus der Anomalie gekommen waren. Das Zeitportal war noch da, und sie traten hindurch, um ihren Freunden in der jetzigen Zeit beizustehen.
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Lester und Becker stiefelten schweigend durch die langen Korridore der Kanalisation. Lester fühlte sich komisch. Becker hatte ihn gefragt, wie das gewesen war, kurz tot zu sein, und Lester konnte ihm nicht mehr sagen, als dass er sich nur daran erinnerte dass ihn der Kraken nach unten gezogen hatte und er im nächsten Moment auf dem Boden gekauert hatte und Wasser aus seiner Lunge würgte. Becker behauptete, er sei dazwischen zumindest klinisch tot gewesen. Und nun warf er ihm ständig diese unsicheren Blicke zu, so als würde er jeden Moment umkippen. Schließlich blieb er völlig entnervt stehen. "Becker, hören sie mal. Mag sein dass ich vorhin für einen kurzen Moment... Tot gewesen bin, aber ich schwöre Ihnen, mir gehts gut. Mein Gesicht und Schädel tun weh, als würde Connor es mit einem Lötkolben bearbeiten, und ich fühle mich immer noch ein wenig... Eingedrückt, aber ansonsten gehts mir blendend! Das hier ist nichts im Vergleich zu dem, wie mein Zustand vor zwei Monaten nach der Woche in der Vergangenheit war!" "Sie haben ja Recht, tut mir Leid.", sagte Becker sofort und hob die Hände. "Aber Sorgen machen wird ja wohl noch erlaubt sein!" "Wenn Sie sich unbedingt Sorgen machen wollen, dann darüber ob wir je den Ausgang aus diesem Labyrinth finden!", knurrte Lester und sah sich um. Die Tunnel sahen alle gleich aus. Gedankenverloren strich er mit den Fingern über die lange, schmale Narbe an seinem rechten Unterarm, die er seit der Studienzeit hatte und die er, wie man ihm damals in der Notaufnahme erzählt hatte, bei einer Explosion erhalten hatte. Er hatte angeblich versucht, ein paar Kinder zu beschützen. Das Einzige, an dass er sich erinnerte, war, in dieser Fabrikhalle gewesen zu sein, und dass sie zwei Frauen zur Hilfe gehabt hatten. Und irgendein Vieh, ein gefährlicher Hund, war dort gewesen...
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Becker beobachtete Lester. Wie immer, wenn er angestrengt nachdachte, fuhr er sich über die Narbe am Unterarm. Er und das ganze Team hatten schon oft Geschichten erfunden, wie er sie wohl erhalten hatte. Becker hatte selbst einige Narben am Körper, schließlich war er Soldat. Doch nur eine davon hatte er schon seit seiner Kindheit. Drei Striche untereinander, auf dem Nacken. Seine Eltern hatten ihm erzählt, dass er als Kind mal abhanden gekommen und während dieser paar Stunden von einem wilden Hund angefallen worden war. Er seufzte. Bis auf die Narbe, die von der Operation seines Oberarmbruches aus der Kreidezeit stammte, hatte er keine tollen Geschichten, die er über seine zahlreichen Verletzungen zum Besten geben konnte. Und Lester war ein einfacher Beamter des Innenministeriums und konnte bei jeder Narbe eine Ich-wär-dabei-fast-draufgegangen-Geschichte erzählen. Während er so darüber nachdachte, wurde es um sie heller. "Hey, Becker! Sehen Sie, da vorne! Wir sind draußen!" Lester drehte sich grinsend zu ihm um. Ein ungewohntes Bild, das Becker breit zurücklächeln ließ.
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Auch Danny und Connor suchten immer noch nach dem Ausgang. Der Student jammerte mit jedem Schritt über die schrecklichen Schmerzen auf seiner Brust. Danny schüttelte heimlich den Kopf über die Tollpatschigkeit seines Freundes. Das konnte wirklich nur Connor schaffen: Einem sterbenen Raubtier genau vor die Pranke zu laufen. Er drehte sich zu dem Studenten um. "Komm schon, Connor, es ist nicht mehr weit, das spüre ich!" "Jaja, soll ich dir mal sagen was ICH spüre?", murrte Connor und behielt das langsame Tempo bei. Danny seufzte. Ihm passierten zwar auch so allerhand Katastrophen, doch seit seiner Ausbildung hatte er sich nicht mehr durch eigene Dummheit verletzt. Er drehte kurz seine rechte Hand und starrte auf die Innenseite. Wie ein Spinnennetz zogen sich die feinen Narben der ehemaligen Schnittwunden über seine Handfläche. Während seiner Ausbildung hatten er und noch ein paar andere Leute eine handvoll Kinder vor 'nem wilden, großen Dobermann beschützt. Irgendetwas war dabei zerbrochen und er hatte sich die Hand daran zerschnitten. Es nervte ihn, dass er von dem Tag nur noch so wenig wusste. Es hatte anscheinend eine Explosion gegeben, und als Folge einer dadurch verursachten Gehirnerschütterung hatte er das Gedächtnis so gut wie verloren. Ein Grinsen stahl sich auf sein Gesicht. Immerhin passten seine neuen Narben an den Unterarmen, die aus ihrem unfreiwilligem Ausflug in die Kreidezeit stammten, zu seiner Handfläche. Und er konnte mit Lesters rechtem Arm gleichziehen. Gerade, als er sich wieder zu ihm umdrehte, sauste Connor an ihm vorbei. "Danny, sieh doch mal! Da vorne ist irgend ein kleines Tier!" "Connor! Es ist vielleicht GEFÄHRLICH, bleib gefälligst hier!!!", schimpfte Danny und jagte ihm hinterher. Doch der Student bückte sich bereits und hob ein kleines Fellknäuel hoch. "Sieh doch mal! Der Machairodus war ein Weibchen, und höchstwahrscheinlich schwanger als Leek ihn hierher gebracht hat!" Er hielt Danny ein kleines Machairodusbaby unter die Nase. "Connor! Bring das jetzt sofort dahin zurück wo du's gefunden hast!", verlangte Danny böse. "Aber Danny, es stirbt doch so ganz allein hier unten!", wiedersprach der Student und drückte es Danny in die Hände. Das flauschige Fell und die großen, gelben Kulleraugen ließen Danny aufstöhnen. "Na schööön, dann nimm es eben mit." Connor jubelte und knuddelte das Baby an seine Brust. Dann verzog er das Gesicht und wimmerte wieder. "Auaaaah..." Genervt drehte Danny sich um. Und entdeckte einen Lichtschimmer am Ende des Tunnels. "Connor! Da vorne ist Licht! Wir sind endlich draußen!" Der Expolizist rannte los, Connor war plötzlich auch dazu in der Lage loszudüsen. Endlich waren sie hier raus!
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Aber da nun mal bekanntlich alles anders kommt, als man denkt....
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= Kapitel 1(9) =
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Leek betrachtete die drei Maya, die ihm gegenüber standen, mit ausdruckslosen Mienen und starr wie Salzsäulen. Sie befanden sich unter der Aussichtsplattform, auf die sie das Team gebracht hatten, bevor sie alle in das Labyrinth verfrachtet worden waren. Es ärgerte Leek, dass er nicht mehr in dem Kontrollraum vor den Monitoren sitzen konnte, um zu sehen wie es den ARC-Leuten ergangen war. Doch ihre vorherigen Positionen hatten ihn dazu veranlasst, sich zu der Plattform zu begeben. Sie waren mit seinen Kreaturen sogar noch leichter fertig geworden, als er erwartet hatte. Wie viele von ihnen im Endeffekt noch am Leben waren, konnte er nicht sagen, da die Frauen noch nicht zurückgekehrt gewesen waren, als er den Kontrollraum verlassen hatte, und Lester und Becker aus seinem Blickfeld verschwunden waren, als sie in den See gezogen worden waren. Nur Connor und Danny hatte er gesehen, als sie an dem toten Machairodus vorbeigelaufen waren. Connor war von dem Tier ziemlich schwer erwischt worden, allerdings konnte Leek aus der Entfernung nicht richtig einschätzen, ob die Wunden wirklich so tief gewesen waren oder einfach nur stark geblutet hatten.
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Er hörte entfernte Schritte auf sich zukommen. Mit einem Nicken bedeutete er den Mayas, sich in Bewegung zu setzen. Sie postierten sich unter einer Luke, die zur Plattform hinauf führte. Auf Leeks Zeichen hin würden sie nach oben klettern und die verbliebenen Teammitglieder überraschen. Dann begab er sich selbst zu der zweiten Luke, die am anderen Ende der Plattform angebracht war. Er öffnete sie einen Spalt und spähte hinauf. Die ersten waren Danny und Connor. Danny war schon wieder so weit von dem Spinnenbiss erholt, dass er sich kurz auf der Luke umsah, allerdings ohne Leek zu entdecken, und dann noch einmal zurück in den Gang lief, der zu dem Kerkerraum führte. Er hörte, wie Danny die Namen der restlichen Teammitglieder rief, jedoch ohne Erfolg zurück kehrte. Leek spürte, wie sein Herzschlag sich beschleunigte. Er fragte sich aufgeregt, ob dem Teamchef deshalb keiner antwortete, weil niemand mehr da war um es zu tun. Das wäre natürlich genau das, was Leek sich erhofft hatte. Danny und der Student würden sich mit links aus dem Weg räumen lassen, wenn seine drei Mayakrieger sich um sie kümmerten. Doch gerade, als er sich ausmalte, wie die beiden Männer von den antiken Mayawaffen abgestochen wurden, erklangen wieder Schritte auf dem steinigen Laufsteg. Und schon bogen Sarah und Abby um die Ecke, und hielten direkt auf die Plattform zu. Sie trugen nun extrem billige Klamotten, ihre Abendkleider hatten sie über die Arme gehängt. Abby schien überhaupt nicht verletzt zu sein, Sarahs rechte Seite war hingegen blutverschmiert. Danny, der noch auf dem Laufsteg gestanden hatte, stürzte auf sie zu und fiel ihnen um den Hals. Leek konnte nicht verstehen, was sie sprachen, aber immerhin kamen sie nun auf die Plattform und umarmten Connor ebenfalls. Dann zeigte ihnen der Student irgend etwas, das er auf dem Arm hielt, was sie beiden Frauen zum Quietschen brachte. Leek knirschte mit den Zähnen. Aus den Erzählungen der Frauen ging hervor, dass es ihnen erfolgreich gelungen war das Zukunftstarntier zu töten und ihre früheren Ausgaben zu beschützen. Und da Leek dafür gesorgt hatte, dass er es mitbekommen würde, wenn sich im Verlauf der Geschichte wegen ihnen etwas großartig verändert hätte, war auch diese Aktion im Grunde erfolglos gewesen.
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Und als wäre das nicht genug, kamen jetzt auch noch Lester und Becker aus dem Gang, der von der rechten Seite zur Plattform führte. Sie waren auch nahe genug, um zu erkennen, dass sie mitgenommen waren. Während Lester sich geduldig von Sarah, Abby und Connor umarmen ließ, erkannte Leek, dass die Wunde an seiner Lippe aufgehört hatte zu bluten, das dünne Rinnsal aus der Wunde am Kopf aber immer noch über das Gesicht träufelte.  Aus Beckers Nase ronn immer noch Blut, und sie wirkte seltsam schief und fehlplaziert in dem sonst so hübschen Gesicht. Auch sein Anzug war total zerrissen, auf dem Rücken konnte man blutige Flecken sehen. Lustiger Weise versammelten sie sich nun alle genau zwischen den Plattformen und erzählten sich, was ihnen wiederfahren war. Leek spitzte die Ohren. In ihm kochte es. Keiner einzigen seiner vielen Kreaturen war es gelungen, einen von ihnen umzubringen. Aber er würde sie nicht einfach so rausspazieren lassen. Er griff an seinen Gürtel und spürte den schweren, kalten Knauf der Pistole daran. Seine Mayas zogen ihre blitzenden Messer. Und einmal mehr stahl sich das kalte, böse Lächeln auf Leeks Gesicht.
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Danny musterte sein Team. Sie alle wirkten völlig erschöpft und übermüdet. Beides war kein Wunder, erschöpft waren sie wegen den Begegnungen mit Leeks Monsterarmee, und übermüdet aufgrund der Tatsache, dass sie nun schon seit über einem Tag in dem Labyrinth festsaßen und kein Auge zugetan hatten. Abby und Sarah sahen so aus, als wären sie innerhalb eines Tages um 20 Jahre älter geworden - ausgemergelte Gesicher, Sorgenfalten auf der Stirn, blass und glasige Augen. Becker und Lester waren mit einer seltsamen, schillernden Kruste überzogen, die sie quasi überall hatten - in den nassen Haaren, an der Haut, auf der nassen Kleidung. Er tippte auf Beckers Schulter, auf der ein besonders großer Fleck davon prankte. Es war hart und wirkte irgendwie wie das Innere einer Muschelschale. "Worin habt ihr denn gebadet?", fragte er den Soldaten und verkniff sich ein Grinsen. Becker schielte ihn drohend von der Seite her an. "Krakenschleim." "Und was ist mit Ihnen passiert?", wollte Lester von Sarah wissen, wobei er vermied, die hässliche Wunde allzu angeekelt zu betrachten. So war sein Gesichtsausdruck eine Mischung aus Mitleid und Abgeschrecktheit. "Zukunftstarntier. Musste vor 19 Jahren ein paar... Freunde davor beschützen.", murmelte Sarah. Lester hob eine Augenbraue. "Sie waren in der Vergangenheit? Aber nur zwanzig Jahre?" Abby und Sarah nickten. "Nähe Hydepark, in 'nem alten Fabrikgebäude." In Lesters Augen blinkte soetwas wie Erkenntnis auf. "Was?", keuchte er, und auch Danny war hellhörog geworden. Abby grinste breit. "Erinnert ihr euch? Anita und Rosaly? Es gab 'ne gehörige Explsion." Danny wirkte fast noch verwirrter wie Lester. "Ja, tu ich! Aber... Aber ich dachte immer, das war ein Dobermann?" Lester drehte sich zu ihm um. "Jaaah, ich auch! Aber in meinen Erinnerungen waren Sie nicht dabei, Danny." Danny grinste. "Dito." "James, zeigen sie mir doch mal Ihren Unterarm.", verlangte Abby. Lester verdrehte die Augen. "Das hatten wir doch schon so oft... Tolle, große Narbe am Arm des Vorgesetzten. Ich weiß nach wie vor nicht genau, wo ich das Teil her hab!" Er entblößte die lange Narbe, indem er das Hemd und Jacket zurückkrempelte. Abby holte laut Luft. "Wow, das ist unglaublich." Lester sah sie skeptisch an. "Was soll das denn jetzt? Sie haben das Teil schon ungefähr hundert mal gesehen! Oder wisen Sie jetzt seit Neustem was darüber?" Abby neigte langsam den Kopf. Als Lester sie erwartungsvoll ansah, fuhr sie fort. "Sie wissen es echt nicht mehr?" Als ihr Boss den Kopf schüttelte, fing Sarah an zu erklären. "Da hat Sie das Zukunftstarntier erwischt. Und du, Danny, hast dir die Hand zerschnitten, als deine Taschenlampe zerbrochen ist. Becker, dich hat das Tier am Nacken gestriffen." Der Soldat riss die Augen auf. "Was? Nein, das war ein Hund!" Abby schüttelte den Kopf. "War's nicht. Das war das Zukunftstarntier. Das gesamte ehemalige Team war in der Fabrikhalle und wurde von dem Tier belagert. Indem wir aus Versehen ein paar Chemikalien zum explodieren brachten, haben wir es getötet, es führte allerdings auch dazu, dass ihr eure Erinnerungen an diesen Tag verloren habt." Während sie darüber nachdachten, hob Lester erneut die Augenbraue. "Sie... Haben eine Fabrikhalle gesprengt?" Die Frauen warfen ihm einen vernichtenden Blick zu. Danny fing hastig an zu sprechen. "Jetzt ergibt auch alles einen Sinn... Da waren noch andere da, stimmts? Ein paar Kinder, und drei Jugendliche." "Ja. Das waren Cutter, Stephen und Ryan. Und die Kinder der gesamte Rest von uns." Man konnte Lester und Danny ansehen, wie die Erinnerungen langsam zurückkamen. "Ja, stimmt, da war noch wer da... Aber bei Gott, ich hatte keine Ahnung dass das Cutter, Stephen und Ryan gewesen waren!", meinte Lester langsam. "Das ist doch total irre, wir haben sie nach all den Jahren wieder getroffen, und keiner konnte sich daran erinnern, dass wir uns alle schon einmal begegnet sind!", fuhr Danny fort. Abby nickte. "Ja, das ist seltsam. Aber nur so konnte unser Leben verlaufen, wie es bis jetzt verlaufen ist. Ich bin froh darum, wer weiß inwiefern wir sonst die Evolution verändert hätten." Connor zog ein Schnute. "Mann, und ich kann mich gar nicht mehr erinnern!" "Wir waren ja auch noch viel zu klein.", antwortete Becker ihm. Lester runzelte die Stirn. "Ich erinnere mich dunkel, aber ganz will mein Gedächtnis noch nicht zurückkehren." "Ich erzähl Ihnen mal alles bei Gelegenheit.", bot Abby ihm an, während Sarah ihm zuzwinkerte. "Aber ich kann Ihnen jetzt schon sagen, dass Sie und Cutter sich schon damals nicht besonders gut verstanden haben.", neckte sie ihn. Ein dünnes Lächeln huschte über Lesters Gesicht. Dann räusperte er sich. "Wie dem auch sei, wir müssen jetzt auf jeden Fall versuchen hier rauszukommen." "Und vor allem dürfen wir jetzt nichts Unüberlegtes tun, solange wir nicht wissen was Leek sonst noch so für uns geplant hat.", fügte Danny hinzu.
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Kaum hatte er das gesagt, ertönte eine ölige Stimme hinter ihnen: "Guten Abend." Sie wirbelten herum, und da stand Leek, der mit einer Schusswaffe auf sie zielte.
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"Leek! Da sind Sie ja, sie Mistkerl!", schrie Danny und stürzte auf ihn zu. Connor eilte ihm perplex hinterher. "Danny! Komm wieder her! Wie war das mit dem nichts Unüberlegtes tun?" Gerade als der Rest sich ebenfalls in Bewegung setzten wollte, wurden sie von hinten gepackt und zurückgehalten. Ihre Überraschungsrufe ließen Danny und Connor innehalten und sich umdrehen. Die drei Mayakrieger waren lautlos nach oben geklettert und hatten Becker, Lester, Abby und Sarah so überrumpelt. Danny drehte sich zu Leek. "Hören Sie endlich auf damit!" Leek grinste. Die beiden Mayas, die noch jeweils eine Hand frei hatten, traten nach vorne und packten Danny und Connor. "Ich muss zugeben, ich bin beeindruckt. Ich hätte nicht erwartet, auf so viele Überlebende zu treffen.", knurrte Leek und schritt zwischen den Teammitgliedern auf und ab. "Aber das macht nichts. Nicht wirklich. Ich werde euch umbringen, komme was da wolle. Denn ich will euch alle tot sehen." Er zog die Pistole und hielt sie Lester unter das Kinn. "Vor allem dich, Lackaffe!", zischte er leise. Lester verdrehte die Augen und sah Leek dann genervt an. "Wenn Sie wüssten, wie oft ich in den vergangenen Jahren schon 'ne Knarre vor der Nase gehabt habe! Sowas schreckt mich nun wirklich nicht mehr ab." Leek legte den Kopf schief und starrte Lester nachdenklich in die Augen. Der Beamte hielt dem Blick stand und verzog keine Miene. "Hast Recht.", sagte er schließlich und trat von Lester zurück. "Du hast ja so Recht. Lass uns doch stattdessen mal testen, wie du auf Messer reagierst!" Er wandte sich an den Maya, der Lester und auch Abby hielt. "Degollalo!", befahl er ihm. Der Maya griff nach seinem Messer, und hielt solange Lesters und Abbys Hände mit einer seiner eigenen, großen Pranken fest. Lester und Abby bemühten sich darum, sich zu befreien, aber bei dem eisernen Griff war das gar nicht so einfach. "Leute, hört doch mal her! Wir sind zu sechst und die nur zu dritt! Das muss doch machbar sein!", rief Danny seinen Leuten zu. "Dann fang' doch gleich mal an damit!", keuchte Becker, der zusammen mit Sarah ebenfalls um die Freiheit kämpfte. Danny warf seinen Hinterkopf nach hinten, traf die Stirn des Mayas, riss sich los und rammte ihm dann die Schulter ins Kreuz. Connor duckte sich unter dem Krieger weg, trat ihm in die Kniekehle und ging dann aus dem Weg. Der Maya schlug der Länge nach hin. Die Anderen starrten mit offenen Mündern auf den gefällten Maya. Dann reagierten sie selbst und schlugen in ihre Bewacher alles rein, was sie bewegen konnten. Lester wich dem Messer des Kriegers gerade noch aus, als er freigekommen war. Abby schubste den Maya ein Stück von ihnen Weg, was ihr und Lester kurz Zeit verschaffte, um sich einen Plan zurecht zu legen. Becker und Sarah entkamen ebenfalls dem Klammergriff des Mayas, und während Sarah sich an den Arm des Kriegers klammerte, um ihn daran zu hindern seine Wafe zu ziehen, stürmte Becker auf Leek zu und schlug ihm die Pistole aus der Hand. Auf einmal war da etwas, das neben ihm aufblitzte. Danny und Connor hatten beide nicht richtig auf ihren Maya aufgepasst, der seinen Speer noch auf dem Boden hervorgeholt hatte und nun auf die Füße gesprungen war. Für Beide war nicht mehr genug Zeit, um zu reagieren. Und so mussten sie hilflos mitansehen, wie der Maya Becker den Speer in die Seite haute und ihn so zu Boden beförderte.
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Chaos brach aus. Danny und Sarah versuchten, zu dem Soldaten zu kommen, doch der Maya, der Becker angegriffen hatte, und der, den Sarah nun unbeaufsichtigt gelassen hatte, versuchten sie daran zu hindern. Connor stürzte sich auf einen von ihnen, riss ihn mit sich um und rangelte dann auf dem Boden mit ihm weiter. Der andere drängte Sarah und Danny zurück. Abby sprang ihrem Maya auf den Rücken und krallte sich fest. Er schlug mit dem Messer nach ihr und erwischte sie am Oberarm. Abby verlor den Halt und fiel von dem Maya herunter. Als der Krieger sich zu ihr umdrehte, war Danny zur Stelle, riss ihm den Speer vom Rücken und zog ihm den Speerschaft über den Schädel. Der Maya brach bewusstlos zusammen. Im selben Moment fällte der letzte Maya Lester zu Boden. Sarah nutzte die Gelegenheit, in der alle abgelenkt waren, um zu Becker zu huschen. Der Maya, mit dem Connor zu Gange war, schleuderte den Studenten gegen die Wand. Abby und Danny kamen ihm zu Hilfe. Lester lag auf dem Rücken, ein wenig benommen zwar, aber schon wieder imstande, sich hochzurappeln. Er lehnte gerade auf seinen Unterarmen, als sein Maya ihm kräftig auf den Brustkorb trat und so auf den Boden heftete. Abby und Danny stießen im Vorbeilaufen den Maya von ihrem Chef runter, und Danny überwältigte ihn, während er auf dem Boden lag. Er rollte den Maya auf den Bauch, verdrehte ihm die Hände auf den Rücken und drückte sein Knie in seinen Nacken. Der Krieger fluchte auf Spanisch, doch Danny ließ nicht locker. Abby reichte dem schwer atmenden Lester eine Hand und zog ihn auf die Beine. Dann rannten sie zu Connor, um den Studenten zu helfen. Der Maya hatte ihn am Hals gepackt und drückte ihn gegen die Wand. Abby machte Danny seinen Move von vorher nach und rammte die Schulter ins Kreuz des Mayas, doch vergaß dabei dass sie um einiges leichter war als der Expolizist. Der Maya fing sie problemlos ab, wirbelte sie an seinem Rücken vorbei und donnerte sie dann auf den Boden. Abby sah Sterne vor ihren Augen tanzen. Lester griff nach dem Speer des Mayas, den Danny überrumpelt hatte, zielte auf Connors Maya und ließ ihn dann auf dessen Hinterkopf krachen. Das Holz splitterte, und der Krieger ließ Connor los, nach hinten taumelnd. Jedoch fing er sich beachtlich schnell wieder, packte Lester am Kragen und zog ihn wütend knurrend zu sich heran. "Oh.", machte der Beamte überrumpelt und lächelte den Maya dann entschuldigend an. "Entschuldigen Sie vielmals, da muss ich Sie doch glatt verwechselt haben!" "Auf ihn!", japste da Connor, und Abby ließ sich von ihm hochhelfen. Sie warfen sich gegen den Maya, der Lester wegstieß und nach seinem Messer griff. Connor schien es nicht bemerkt zu haben, denn er stürzte sich ein weiteres Mal auf den Maya, genau auf das Messer zielend. Lester stieß genervt die Luft aus. Auf den Jungen musste man ständig aufpassen. "Connor, vorsicht, er -!" Der Rest von Lesters Warunung wurde von einem lauten Knall verschluckt. Der Schuss ließ die Wände erzittern. Lesters rechte Seite wurde von dem Aufprall der Kugel nach hinten gerissen. Der Beamte schnappte überrascht nach Luft und taumelte rückwärts. Ein weiterer Schuss krachte los, sekundenbruchteile später bohrte sich etwas mit einem dumpfen Geräusch in Lesters Bauch, knapp oberhalb der linken Hüfte. Mit einem großen, unglaublich schwerfälligen Schritt nach hinten versuchte Lester, das Gleichgewicht zu halten. Erneut ertönte ein Schuss. Diesmal schlug die Kugel direkt unter dem Brustbein in Lesters Körper. Er keuchte auf, als ihm der Aufprall die Luft aus dem Körper presste, und krümmte sich ruckartig nach vorne. Noch bevor das hallende Echo dieses Schusses verklungen war, übertönte es ein vierter Schuss. Das Profil traf Lesters Brustkorb, zehn Zentimeter unterhalb des linken Schlüsselbeins. Die Wucht der Kugel reichte diesmal, um Lester zu Boden zu werfen. Entsetzt sahen Abby, Connor (der nach dem Krachen zum Glück sofort stehen geblieben war) und Sarah mit an, wie ihr Boss nach dem letzten Treffer umkippte, hart auf dem Rücken landete und dann regungslos liegen blieb.   
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Leek stand stocksteif da, die noch rauchende Pistole in der Hand. Der letzte Maya legte sein Messer an Connors Hals und grunzte. Abby fiel neben Lester auf die Knie. "Sie Mistkerl!", heulte sie verzweifelt. Ansonsten rührte sich keiner. "Ich sagte es. Ich lasse niemanden überleben.", sagte Leek trocken und holte einen kleinen Apparat aus der Tasche, mit dem er sogleich eine funkelnde Anomalie öffnete. Er sah in die Runde. "Ich werde nun durch diese Anomalie gehen, die mich in die Zukunft bringt, und von da aus gehe ich weiter in das Jahr 2007. Da traten die Anomalien zum ersten Mal auf. Mal sehen, vielleicht angle ich mir ja einen eurer Jobs." Danny starrte auf Lesters Körper, während Leek sprach. Er zitterte vor Wut. "Wissen Sie was, Leek? James hatte vollkommen recht. Sie sind ein mieser, feiger kleiner Versager, der Leute aus dem Hinterhalt erschießt und sie blutrünstigen Bestien zum fraß vorwirft." Leek grinste ihn nur arrogant an und zuckte mit den Schultern. "Wenn Sie meinen." Er befahl dem Maya, der Connor hielt, etwas auf Spanisch. Doch bevor der Maya die Klinge in Connors Kehle treiben konnte, ballte der Student die Hand zur Faust und schlug blindlings nach dem Maya. Es knackte, und plötzlich fiel die Neuronenklammer zu Boden. Der Maya machte ein Geräusch, das fast wie Würgen klang, und sackte ohnmächtig zusammen. "Hey, klasse Idee, Connor!", lobte Danny und tat es bei seinem Maya gleich. "Danny!", warnte Sarah ihn da, und instinktiv warf der Expolizist sich zur Seite. Die Kugel bohrte sich irgendwo hinter Danny in die Tunnelwand. Ehe Leek noch einmal schießen konnte, rollte Danny sich zur Seite, packte das Messer des Maya und warf es nach Leek. Es drang tief in seinen Oberarm und Leek ließ die Waffe fallen. Connor sprang vor und schnappte sich die Pistole. Danach richtete er sie mit kalten Augen auf Leek. Danny nahm ihm den Apparat aus der Hand, mit dem er die Anomalie geöffnet hatte. "Wie schließt man die?", wollte er von Leek wissen, doch dieser blieb bei seinem schmierigen Grinsen und schwieg ansonsten. Danny wandte sich an Connor. "Schätze, hier müssen wir andere Methoden anwenden."
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Abby starrte unglücklich auf Lesters reglosen Körper. Sie kannte sich gut genug mit Medizin und der menschlichen Anatomie aus, um zu wissen, dass mindestens die letzten beiden Schüsse tödlich gewesen waren. Lester hatte vier Kugeln standgehalten, ehe er gefallen war. Es kam ihr so unwirklich vor. Sie hatte keine Minute vorher noch seine Hand gehalten. Und nun würde sie die Hand ihres Chefs nie wieder halten. Sie spürte, wie die Tränen von ihrem Gesicht tropften. Schluchzend streckte sie den Arm aus und strich Lester die Haare aus der Stirn, um seine eindrucksvollen Augen ein letztes Mal sehen zu können. Sie waren geschlossen. Abby schiefte laut. "Ach James..." Er hatte keine Chance gehabt. Der Herzschuss am Ende hätte jeden getötet. Umso erstaulicher war es, dass Lester plötzlich stöhnend die Augen aufschlug. Er blinzelte und schielte dann aus halb geschlossenen Lidern zu Abby hinüber, als er ihr überraschtes Luftschnappen hörte. "Was?", murmelte er und verzog dann gequält das Gesicht. Er blieb für ein paar Sekunden so liegen, dann öffnete er die Augen erneut. Sein Blick wirkte noch ein wenig desorientiert, doch schnell hatte er sich wieder unter Kontrolle. Er setzte sich mit Abbys Hilfe auf und staunte nicht minder als der Rest. "Das gibt's nicht!", hauchte Abby, während Leeks Gesicht zu einer dämonischen Maske aus Hass und Abscheu wurde. "Wieso zur Hölle bist du noch nicht tot? Ich hab dir vier verdammte Kugeln reingejagt!", kreischte er wie von Sinnen. Lester sah an sich herab. Danny bemerkte, dass Sarah Becker gerade wieder auf die Beine half und ihn stützte, deswegen ging er zu Lester hinüber. Dessen Anzug war noch immer mit der harten, weissen Kruste aus Tintenfischschleim bedeckt. Lester entdeckte einen Sprung in der Kruste, ungefähr auf der Höhe seiner linken Niere, und weiter oben, auf der Höhe des Herzens, steckte sogar noch ein ganzes Profil darin. Danny fing an zu lachen. "James, dieser Krakenschlei ist doch ernsthaft zu sowas wie 'ner kugelsicheren Weste geworden!" Er klopfte seinem Chef auf die Schulter. Lester pulte das Profil heraus und drehte es zwischen den Fingern. "Nun, ich muss zugeben, das ist jetzt nicht ganz unpraktisch.", meinte er, und ein Grinsen stahl sich auf sein Gesicht, als er zu Leek sah. "War wohl nichts.", verkündete er ihrem Entführer, nachdem er sich von Abby (und diesmal auch von Danny) ein weiteres Mal auf die Füße hatte helfen lassen. Leek war zornesrot im Gesicht. Er sah sich auf der Plattform um. Connor stand mit der Waffe direkt vor ihm, Danny, Lester und Abby standen hinter Connor, Sarah und Becker links von ihm, an dem Geländer, das um die Plattform verlief. Unter der Plattform rauschte das Abwasser vorbei. Seine Mayas lagen bewusstlos auf dem Boden. Er starrte den Maya an, der seine Neuronenklammer als einziger noch hatte. Konnte sein, dass er sich das gerade eingebildet hatte, aber es hatte so ausgesehen, als hätte sich die Hand des Maya leicht bewegt. Nein, jetzt sah Leek tatsächlich, dass die Finger des Maya zuckten. Er spürte ein Grinsen auf sein Gesicht treten. Noch war das hier nicht zu Ende.
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Connor versrand nicht, warum ihn der Mistkerl so angrinste. Leek saß in der Falle, für das, was er ihnen angetan hatte, würde ihn eine fürchterliche Bestrafung erwarten, und wenn Lester höchstpersönlich dafür würde sorgen müssen. Gerade, als er Danny fragen wollte, was er davon hielt, begann Leek zu sprechen. "Glaubt ihr alle wirklich, ich gebe mich so schnell geschlagen?" Als auf die Frage nichts zu hören war außer das Rauschen des Wassers und das statische Geräusch der Anomalie, seufzte Leek und hob die Schultern. "Wie ihr meint. VENGA Y AYUDAME!!!" Der spanische Befehl zerschnitt die Stille. Der Maya, der die Neuronenklammer noch hatte, sprang mit einem Satz auf, donnerte Connor den Knauf eines kleineren Ersatzmessers auf den Hinterkopf und warf die Pistole ins Wasser. Dann wirbelte er herum, verpasste Danny einen Kinnhaken, der den Expolizist durch die Luft segeln ließ. Der Apparat flog ihm aus der Hand und zerschellte auf dem Boden. Leek holte eine weitere Apparatur aus seiner Tasche, drückte den Knopf darauf und verschwand dann lachend in der Anomalie. Nein, er war nicht darin verschwunden, er stand noch auf ihrer Seite der Teit, um zuzusehen bei dem, was noch passieren würde. Der Maya näherte sich Becker und Sarah. Die Ägyptologin ließ Becker los, griff den Maya an, wurde aber mit einem Bodycheck aus dem Weg geräumt. Und plötzlich war da nichts mehr, das den verletzten Becker vor dem Maya schützen konnte.
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Becker musste sich schwer auf Sarah stützen, um überhaupt stehen zu können. Aber das störte ihn gar nicht so besonders. Wäre da nicht der höllische Schmerz gewesen, den die klaffende Wunde in seiner Seite verursachte, hätte er sich sogar richtig wohl gefühlt. Er sah auf die Plattform unter sich. Das Blut da unten war fast alles seins. Er spürte, wie benebelt sein Kopf jetzt bereits war. Wenn sie nicht langsam zusahen, dass sie hier rauskamen, würde er bei seinem Pech noch verbluten. Er hörte Lester sprechen. Erleichtert sah er zu seinem Boss hinüber. Da stand er, als wäre soeben nichts passiert. Ungaublich, und das nach vier solchen Treffern. Leider verstand er von da, wo sie standen, nicht richitg, was geredet wurde, da das Wasser unter ihnen zu sehr rauschte. Oder es war das Blut in seinen Ohren. Becker seufzte. Dann musste er sich halt damit begnügen, dass sein Chef ihm später erzählte, wie er das hatte überleben können. Er merkte, dass Sarah ihn ansah. Ihr Blick, reine Sorge und Zärtlichkeit, ließ sein Herz schneller schlagen. Wie schon so oft vorher fiel ihm einmal mehr auf, wie sehr er Sarah mochte. Vielleicht würde er sie, wenn das hier alles ausgestanden war, nach einem Date fragen. Oder er tat es jetzt gleich. Ja, genau, was sprach denn eigentlich dagegen? Er neigte den Kopf zu ihr herunter und überlegte sich, wie er es am Besten anstellen sollte. Da nahm sie seinen Arm von ihren Schultern und lehnte ihn an das Geländer. An ihrer Art sich zu bewegen erkannte er, dass sie angespannt war. Dann sah er sie auf einmal zu Boden fallen. Und plötzlich stand dieser Mayakrieger vor ihm, mit gezücktem Messer. Er hörte noch, wie Danny, Lester, Abby, Connor und Sarah entsetzt aufschrien. Dann flammte Schmerz in seinem Bauch auf. Es fühlte sich unangenehm und eklig an, als das Metall durch sein Fleisch schnitt. Der Schnitt wurde länger und länger, Becker würgte dabei Blut und Galle hervor, die über sein Kinn liefen. Der Schmerz war unbeschreiblich. Irgendwo bei seinem Hals verließ die Klinge seinen Körper wieder, nicht ohne ihren fatalen Schaden hinterlassen zu haben. Eine Sturzflut von Blut ergoss sich über die Plattform. Sarahs Gesicht tauchte über Becker auf. Erst jetzt wurde dem jungen Soldaten bewusst, dass er auf dem Boden lag. Während er darüber rätselte, wie er auf den Boden gekommen war, fassten Hände ihn an, wurden auf seinen aufgeschlitzten Körper gepresst. Die Gesichter von Abby und Connor erschienen neben dem von Sarah. Danny und Lester kamen von der anderen Seite dazu. Um sie herum begann es, heller zu werden. Sie alle machten so verdammt entsetzte Gesicher. Und sie alle weinten aus irgend einem Grund. Becker spürte die warmen Tropfen auf sein Gesicht fallen. Sie liefen in seinen Mund, ihr salziger Geschmack vermischte sich mit dem metalligen , den das Blut hinterlassen hatte. Alle fünf redeten durcheinander, doch das einzige, was Becker noch verstand, war Sarahs Flehen. "Bitte nicht, Hilary, oh bitte, bitte nicht!" Und dann ihr langsam ersterbendes Flüstern: "Was sollen wir denn ohne dich machen?"  Und es war das Letzte, was er jemals hören sollte. 
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= Kapitel 10/20 =
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Wer von ihnen im Endeffekt den Maya umgehauen hatte, konnte keiner mehr sagen. Irgendwie hatten sie alle gleichzeitig zugeschlagen, den Krieger im Gesicht und im Magen getroffen, was ihn sofort zu Boden geworfen hatte. Jetzt lag er da, mit Platzwunden übersäht, und rührte sich nicht mehr. Die Neuronenklammer war bei dem Aufprall kaputt gegangen. Doch das Team interessierte sich nicht für den Maya. Sie kauerten alle um Beckers Leiche herum und konnten es nicht fassen. Der Soldat sah eigentlich ganz friedlich aus, das Gesicht war entspannt und die Augen geschlossen. Bis auf die riesige Wunde in seinem Körper und all das Blut, mit dem er übersäht war, machte er den Eindruck als schliefe er. Sarah und Abby weinten bitterlich um ihren Freund, Connors Tränen tropften zu Boden, wo sie auf Beckers Blut ein leises, tropfendes Geräusch machen. Danny spürte selbst, wie ihm die heissen Tränen über das ansonsten eiskalte Gesicht liefen. Irgendwann ertönte ein leises, fernes Rumoren. Connor sah schluchzend auf. "Was... Was ist das für ein Geräusch?", krächzte er mit brüchiger Stimme. Danny wusste es selbst nicht und sah fragend zu Lester. Sein Chef stand ein wenig abseits, schräg hinter ihm, und starrte schweigend auf das Wasser unter ihnen. "James?", sagte Danny laut, als dieser seinen Blick nicht bemerkte. Lester schrak zusammen, schniefte laut und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, ehe er sich zu Danny umdrehte. Seine geröteten Augen sprachen allerdings Bände. "Ähm...", begann er und räusperte sich. "Klingt wie Wasser, das irgendwo durch die Tunnel schießt." "Das war Leek mit seinem zweiten Gerät vorher. Er muss damit die Schleußen für das Abwasser geöffnet haben. Er will uns alle ertränken!", erklärte ihnen Connor. Seine Stimme klang dabei aber eher so, als wäre ihm Leeks Tat egal anstatt dass sie ihn wütend machte. Auch die Frauen schienen sich nicht das Geringste darum zu kümmern, dass sie nach wie vor in Gefahr schwebten. Lester drehte sich immerhin um und warf der Anomalie einen prüfenden Blick zu. Sie war schon viel schwächer geworden, außerdem war von Leek nichts mehr zu sehen. Danny schaute wieder auf Becker hinunter. Er nahm die wachsweisse Hand des Soldaten in seine eigene, und obwohl seine eigenen Finger schon so kalt waren wie Eiszapfen, waren die von Becker noch eine Spur kälter. Dann hob er Beckers Hand langsam an und drückte sie an seine Stirn. Die anderen sahen ihm schweigend dabei zu. Schließlich legte er Beckers Hand zurück auf dessen Körper, erhob sich (obwohl es ihm verdammt schwer fiel) und sah in die Runde. Connor und Lester sahen ihn an, die Frauen kümmerten sich weiterhin nur um Becker. Danny räusperte sich. Das Rumoren war lauter geworden. "Leute, so schwer es uns auch fällt, aber wir müssen hier weg." Die Frauen reagierten nicht. Connor kämpfte sich immerhin auf die Beine. "Jetzt kommt schon!", hakte Danny nach, als sein Verantwortungsbewusstein den Schmerz über Beckers Tod langsam verdrängte. Abby sah ihn aus müden Augen an. "Was willst du tun, Danny, ihn hier zurücklassen?" Das wollte Danny auf keinen Fall. Allein der Gedanke daran versetzte ihm einen tiefen Stich. Aber davor, die Leiche seines Freundes zu tragen, graute es ihm genauso sehr... "Danny, das Team gehört Ihnen, also werden Sie auch sagen was wir jetzt tun sollen." Lesters Stimme klang kalt. "Und an Ihrer Stelle würde ich mich schnell entscheiden. Das Wasser muss schon sehr nahe sein." "WIr wissen doch nicht einmal wo wir hinmüssen.", merkte Connor an und sah seinem Chef mutlos in die Augen. "Naja... Also wenn wir den alten Haupttunnel fänden, könnte ich uns hier rausbringen. Durch mein Archäologiestudium bin ich mit Londons Unterwelt bestens vertraut, und jener Tunnel wurde früher als geheimer Fluchtweg genutzt. Er ist an den Wänden mit Ziegeln verkleidet." Sarahs Stimme war nur noch ein Schatten ihrer selbst. Und dennoch hatten sie alle soweit verstanden, dass Pläne geschmiedet werden konnten. "Gut. Connor, wir waren in dem Tunnel, du gehst voraus. Versuch, einen der Mayas zu tragen. Und wo ist eigentlich deine Kätzchen geblieben?" Der Student griff unter sein Jacket. Das Kätzchen sah Danny mit großen Augen an. "Ich hab sie während unseres Kampfes auf den Pfeiler da unten im Wasser gesetzt. (Er wies mit dem Kinn auf einen klobigen Betonklotz im Wasser) Da hatte sie zwar Mordsangst, konnte aber weder weglaufen noch verletzt werden." Er stopfte sie unter die Jacke zurück, wo sie wohl in der Innentasche kauerte. Connor legte danach den Kopf schief. "Ich hätte da jedoch 'ne Frage. Warum sollten wir Beckers Mördern helfen?" Danny machte ein böses Gesicht. "Weil sie genauso wenig dafür können wie wir. Leek ist hier der Mörder, nicht die Mayas." Connor dachte kurz darüber nach, zuckte dann mit den Schultern und legte sich den kleinsten der Mayas über die Schultern. Danny wandte sich an Lester. "James, Sie bilden bitte das Schlusslicht. Und nehmen natürlich ebenfalls einen der Mayas mit." Der Beamte nickte knapp, wartete aber noch ab, als Danny weitersprach. "Sarah, Abby, ihr teilt euch den Maya und geht hinter Connor." Abby wurde dunkelrot im Gesicht. "Niemals! Wenn du von mir erwartest, dass ich Beckers Mörder auch nur ANFASSE....!" "Jemand muss ihn tragen, denn ich werde Becker übernehmen!", sagte Danny nachdrücklich, und hob sich den Soldaten auf die Schultern. Becker schien plötzlich Tonnen zu wiegen, als er sich wieder aufrichten wollte. "Wir tuns trotzdem nicht!", sagte Abby bestimmt und verschränkte die Arme vor der Brust. Lester stöhnte genervt neben ihr auf, kniete sich neben den Maya, hievte ihn über die Schultern und stand auf. Er sah Danny an. "Auf los geht's los." Danny nickte ihm dankbar zu. Wenigstens Danny und Lester bewahrten kühle Köpfe. Er beobachtete, wie Abby und Sarah den letzten Maya an den Armen und Füßen packten, ihn hochhoben und auf jeweils eine ihrer Schultern legten. Dann stiefelte Connor los, und die kleine Schlange setzte sich in Bewegung. Die Anomalie war inzwischen verschwunden.
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Das Beben war nun so stark, das sich kleine Steinchen aus der Decke lösten und zu Boden rieselten. Abby spürte das Gewicht des Mayas auf ihrer Schulter und das Gewicht von Beckers Verlust auf ihrem Herzen. Sie konnte nicht sagen, was von beiden sie mehr beeinflusste. Sie hatten den Tunnel, den Sarah gemeint hatte, noch nicht erreicht, und ihr fehlte jetzt schon jeglicher Ansporn weiter zu gehen. Beckers Tod ließ plötzlich alles so sinnlos erscheinen. Es war genauso wie damals, als Cutter gestorben war. Sie stellte sich mal wieder Frage, wann es sie selbst erwischen würde. Manchmal hatte sie den Eindruck, als wären alle, die von den Anomalien wussten, zu einem grausamen Tod verdammt. Es war schon so viel passiert in diesen drei Jahren. Seit sich die erste Anomalie geöffnet hatte, war Connors Freund Tom von einem Parasit aus der Vergangenheit getötet worden; Ryan von einem Zukunftsprädator; Stephens Leiche war so entstellt gewesen dass man gar nicht erst hatte sagen können, was ihn im Endeffekt getötet hatte; Cutter war erschossen worden und nun hatte ein antiker Krieger Becker aufgeschlitzt. Die von ihnen, die noch lebten, hatten das ausnahmslos glücklichen Zufällen oder dem beherzten Eingreifen ihrer Kollegen und Freunde zu verdanken. Abby seufzte laut. Wie oft hatte Becker ihr schon das Leben gerettet? Ihnen allen? Und nun hatte er sie einmal gebraucht, und keiner von ihnen war in der Lage gewesen ihm zu helfen. Obwohl es ihr widerstrebte, drehte sie sich zu Danny um. Sein halbes Gesicht und sein gesamtes Hemd waren voll von Beckers Blut. Er schaute verkniffen drein und schien sich beherrschen zu müssen, um Beckers Leiche nicht einfach abzulegen und davon zu laufen. Vielleicht tat ihm auch einfach nur der Rücken weh, doch das glaubte Abby eher weniger. Sie wusste, wie sehr Danny Becker gemocht hatte. Es musste bestimmt furchtbar für ihn sein, zu wissen, dass das leblose Bündel, das er da wie einen Kartoffelsack auf dem Rücken schleppte, einer seiner besten Freunde war. Sie sah an Danny vorbei, zu Lester, der hinter dem Expolizisten hertrottete. Er schien das Gesicht eher deshalb zu verziehen, weil er mit dem Gewicht des Mayas zu kämpfen hatte, als deswegen, weil er Beckers Mörder trug. Die Pistolenkugeln schienen seine Rippen geprellt zu haben, denn er hatte ziemlich stark Schlagseite nach rechts. Abby stellte fast ein wenig erschrocken fest, dass sie nicht im geringsten Mitleid mit ihm verspürte. Er war immerhin gerade im Begriff, Beckers Mörder das Leben zu retten. Lester bemerkte ihren Blick und hob eine Augenbraue. Irgendwie verspürte sie den Drang, eine Grimasse zurückzuschneiden, die ihre Verachtung widerspiegelte, widerstand aber der Versuchung und sah wieder nach vorne. Connor mühte sich ebenfalls mit dem Maya ab. Doch alleine die Tatsache, dass er überhaupt dort vor ihr war und lebte, besänftigte Abby wieder.
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Obwohl die Wände nun schon so stark bebten, dass die Steine knirschten, hielt Connor an, um eine kurze Pause zu machen. Der Student legte den Maya ab und sank erschöpft zu Boden. Seine Haare klebten verschwitzt in seiner Stirn, und wegen der Kälte um sie herum waren seine Lippen ganz blau. Er schlotterte regelrecht, so sehr fror er. Die anderen legten die Personen, die sie schleppten, ebenfalls ab. Abby hockte sich neben Connor und kuschelte sich an ihn, um ihn zu wärmen. Sarah half Danny, Becker vorsichtig auf den Boden zu betten. Lester lehnte sich an die Wand und atmete schwer. "Leute, wir müssen weiter!", sagte Danny nach wenigen Minuten. Irgendwo in der Nähe war bereits das Wasserrauschen zu hören. Connor schüttelte den Kopf. "Keine Chance. Ich kann nicht mehr." Die anderen nickten zustimmend oder reagierten gar nicht. Danny wurde ein wenig wütend. "Freunde, hört mir jetzt mal gut zu. Beckers Tod ist furchtbar, aber meint ihr er hätte gewollt dass wir uns jetzt einfach so aufgeben? Ständig hat er sein Leben für uns riskiert, und ihr wollt es ihm so danken indem ihr jetzt einfach wartet bis die Fluten euch verschlingen?" Er sah, wie sich die Gesichter der Leiche des Soldaten zuwandten. Schließlich stand Abby auf. Sie reichte Connor die Hand. "Komm, Connor. Danny hat Recht, das hätte Becker nicht gewollt." "Es ist auch nicht mehr weit bis zu dem Tunnel.", fügte Danny hinzu. Der Student starrte mit leerem Blick auf die Hand vor seiner Nase. "Und wenn wir erst mal in dem Tunnel sind, sind wir bald hier raus, atmen endlich wieder frische Luft und können uns aufwärmen.", sagte jetzt auch Sarah. "Da siehst du's!", versuchte Abby ihn zu ermutigen und zwang sich zu einem kleinen Lächeln. Connor hob die Schultern. "Ehrlich, Abby, ich kann kaum noch gehen." Danny drehte sich zu Lester, bis jetzt schweigend an der wand gelehnt hatte. Er stutzte, als er den Gesichtsausdruck seines Chefes bemerkte. Wie bei ihnen allen war auch er blass, seine Lippen waren genauso blau wie die von Connor und die Haare hingen ihm verschwitzt in die Stirn. Aber Danny bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Lesters Atem ging stoßweise, und er zitterte leicht. "Hey, alles okay mit Ihnen?", wollte Sarah in diesem Moment wissen. Aha, ihr war es also auch aufgefallen. Lester schüttelte den Kopf. "Alles okay.", murmelte er und richtete sich auf. Er schwankte, und einen Moment später hockte er plötzlich am Boden, den Hinterkopf an die Wand gelehnt. "Aaaah, verdammt." Danny musterte ihn. Sein Magen zog sich zusammen, als er plötzlich Blut entdeckte, dass aus dem Jacketärmel über Lesters Hand floß. Und da fiel ihm erst der riesige Blutfleck auf Lesters Hemd auf, der sich über die rechte Brustseite und die Schulter zog. Wegen der weinroten Farbe des Stoffes war er ihm zuvor nicht aufgefallen, da er wie ein Waserfleck wirkte. "Mensch, James, Sie sind ja verletzt!", schrie er auf und kniete sich neben ihn. "Ach was, das ist nur die Schulter.", winkte Lester mit schwacher Stimme ab, während Danny ihm das Jacket vom Arm zog. Das Einschussloch war deutlich zu sehen. Lester begutachtete die Wunde in seiner Schulter ebenfalls. "Der Mistkerl hats doch tatsächlich geschafft an den ganzen Schleimschichten vorbei zu schießen..", knurrte er verärgert. Sarah kauerte sich neben Danny. "Wieso haben Sie nichts gesagt?", schimpfte sie ihn und half Danny damit, einen Druckverband anzulegen. Lester hob die Schultern, was ihn sofort zusammenzucken ließ. Er sog schmerzerfüllt die Luft ein. "Ich dachte mir, dass wir auch so schon genug Probleme hätten." Er sah ihnen dabei zu, wie sie Dannys ohnehin zerfetztes Jacket auseinander rissen und ähnliche Stoffstreifen daraus machten, wie er selbst es vor zwei Monaten in der Kreidezeit getan hatte. Als er fertig eingebunden war, stand er auf und starrte auf den Maya, den er vorhin getragen hatte. "Wir tauschen durch.", sagte Danny sofort und überlegte rasch. Connor und Lester konnten beiden nicht mehr so viel Gewicht tragen, wie sie es bisher getan hatten. Aber da Connor ohnehin schon den leichtesten Maya getragen hatte, konnte er sein Gewicht nicht mehr verringern. Er merkte, wie er immer nervöser wurde. Und das tosende Wasser hinter ihnen war da nicht gerade hilfreich. "Okay, dann müssen wir es anders machen. Connor, du hilfst James damit seinen Maya zu tragen, Abby und Sarah, ihr nehmt jeweils einen." Abby öffnete den Mund, um zuzustimmen, doch Connor war schneller. "Machen dich nicht lächerlich, Danny. Erstens ist Sarah genauso schwer verletzt wie James und ich, und zweitens schaffen wir es in dem Tempo sowieso nicht mehr hier raus. Bleiben wir dabei, wie wir es gehabt haben. Das halten wir schon noch aus." Lester zog die Brauen zusammen. "Es wäre wirklich schön, Connor, wenn Sie es sich angewohnen könnten nicht immer für mich mitzureden." Connor warf ihm einen vielsagenden Blick zu. "Solange wir WG-Partner sind, ist auch unser Willen der selbe.", grinste er, und damit hatte sich die Sache für ihn. Er nahm Abbys Hand und stand auf. Lester seufzte, griff nach dem Körper des Mayas und lud ihn sich auf die Schultern. Da gab seine rechte Seite komplett nach und der Beamte kippte mit einem überraschten "Uah!" zur Seite um. Der Maya fiel wie ein nasser Sack zu Boden. Lester krümmte sich zusammen und presste die Hand auf die Schulter. "Mist, was ist denn das jetzt?" Danny zog ihn hoch. "Na was wohl? Selbst Sie sind irgendwann mal mit Ihren Kräften am Ende." "Was machen wir jetzt? Wir müssen schließlich Beckers Mörder RETTEN!", sagte Abby spöttisch und sah Lester herablassend an. "Sagen Sie, Abby, haben wir irgendein Problem?", wollte Lester wissen, und Abby hob die Schultern. "Möglicherweise unsere Auffassung von Zusammenhalt und Menschlichkeit." "Hört auf zu streiten!", schimpfte Danny und fuhr sich durch die Haare. "Wir haben jetzt wichtigere Probleme. Uns fehlt ein Träger." In dem Moment ließ Connor seinen Maya wieder fallen. "Zwei.", keuchte er und stützte die Hände auf den Knien auf. "Sorry, ich hab da wohl ein wenig zu vorschnell geurteilt. Ich kann niemanden mehr tragen." Danny fluchte. Je mehr er darüber nachdachte, umso mehr wurde ihm klar, dass sie vor einem schrecklichen Problem standen. "Wir müssen jemanden hierlassen!", stieß Connor in diesem Moment erschrocken hervor, und sprach somit gnadenlos Dannys Gedanken aus.
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Danny steckte in einer furchtbaren Zwickmühle. Ließ er einen der Mayas hier, verantwortete er den sicheren Tod eines Menschen, der auf ihre Hilfe angewiesen war. Ließ er Becker hier, bestand die Gefahr dass die Leiche seines Freundes fortgespült wurde und nie wieder gefunden wurde. "Danny, ich weiß, die Entscheidung ist verdammt schwierig, aber Sie als Teamchef müssen sie eben treffen.", drängte Lester ihn. Man konnte ihm ansehen, dass er froh war die Entscheidung nicht selbst treffen zu müssen. "Was gibt es denn da groß zu überlegen? Wir lassen Beckers Mörder hier und nehmen ihn mit!", brauste Abby auf. "Abby, der Mann ist ein Mensch. Ein Mensch, der von Leek kontrolliert wurde! Er kann doch nichts dafür! Oder meinst du, er hat sichs ausgesucht, 2000 Jahre in die Zukunft verfrachtet zu werden um in einem nasskalten Tunnellabyrinth nach Menschen zu jagen?" Connor fing sich für das, was er gesagt hatte, einen entsetzten Blick von Abby ein. "Er hat Recht, Abby. Wir können den Maya nun wirklich nicht für Leeks Wahnsinn verantwortlich machen.", stimmte Sarah ihm zu. "Was? Sogar du denkst so, Sarah?", murmelte Abby ungläubig und sah ihre Freundin an. Das konnte doch nicht wahr sein, Beckers sogenannte Freunde waren gerade im Begriff, seine Leiche in diesem stinkenden Kanal zurückzulassen. "Abby, ich kann nicht über ein Menschenleben bestimmen!", erklärte Danny ihr verzweifelt. Eine Wasserlache schwappte über Abbys Füße. Sie blickte nach unten und bemerkte, dass der Boden bereits mit der stinkenden Brühe bedeckt war. Die Zeit lief ihnen davon. Sie spürte eine Hand auf ihrer Schulter. Als sie aufsah, starrte sie direkt in Lesters müde, traurige Augen. "Glauben Sie nicht, dass uns das hier leicht fällt.", sagte er leise. Da erkannte Abby plötzlich, dass die anderen Recht hatten. Ihr Job bestand darin, Leben zu retten. Und außerdem hätte Becker es auch nicht anders gewollt. Sie atmete tief durch. Tränen füllten ihre Augen. "Okay.", schluchzte sie und wandte sich ab. Danny sah zu Becker hinab. Sein weisses, regloses Gesicht ragte aus dem schmutzigen Wasser um ihn herum. "Mach's gut, mein Freund." Es fiel ihm unheimlich schwer, sich wegzudrehen. Dann griff er nach Lesters Maya und legte ihn sich über die Schultern. Ohne ein weiteres Wort stiefelte er an seinem Team vorbei und steuerte zu dem Haupttunnel. Lester und Connor teilten sich jetzt Connors Maya, doch bevor auch sie den Maya aufluden, nahmen sie ebenfalls Abschied von Becker. "Es wird verdammt schwer sein, einen würdigen Ersatz für Sie zu finden, mein Freund. Wenn nicht gar unmöglich.", sagte Lester, seufzte laut und trat langsam vond er Leiche zurück. Connor fing an zu schluchzen, fuhr sich über die Nase und folgte dann Lester. Er brachte es nicht fertig, etwas zu sagen. Die Letzten, die Beckers Leiche sahen, waren also Sarah und Abby. Sie umarmten sich weinend und wandten sich nach einem geflüsterten "Wir werden dich vermissen, Hilary Becker!" ab von ihrem Freund, um den Tunnel endlich zu verlassen und weiterzuleben.
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Das Wasser stieg nun immer schneller. Nach fünf Minuten hatten sie den Wackersteintunnel erreicht und joggten jetzt, so gut sie konnten, in Richtung des Ausgangs. Sarah sagte ihnen den Weg, und endlich entdeckten sie die kleine Öffnung in der Wand, die nach oben führte. Ein gewaltiger Wasserschwall traf sie von hinten, zog ihnen die Füße weg und ließ sie ins Wasser plumsen. Auf einmal war die Strömung so stark, dass sie mit Affenzahn auf die Öffnung zurasten. "Haltet euch aneinander fest!", schrie Danny. Sarah fühlte eine Hand an ihrer, und packte sie. "AU, Sarah, du brichst mir die Finger!", rief Connor, wonach sie den Griff ein wenig lockerte. "Versucht euch an der Wand festzuhalten!", lautete Dannys nächste Anordnung. Connor und Lester waren am weitesten rechts und streckten die freien Arme aus. Lester erwischte die Hand, doch die Kraft der Strömung verhinderte, dass er sich festhalten konnte. Seine Schulter protestierte lautstark gegen die grobe Behandlung. Connor hatte mehr Glück, und die ganze Gruppe trieb zur Wand hinüber. Jetzt waren sie der Öffnung schon verdammt nahe. Das Wasser wurde immer schneller. "Wir werden vorbeirauschen!", rief Sarah panisch. "Werden wir nicht!", gab Danny zurück, streckte sich und erwischte tatsächlich den Mauervorsprung vor der Öffnung. Mit einer schwungvollen Bewegung glitt er hinein, seinnen Maya zog er mit sich. Connor hing sich an den Maya und schaffte es ebenfalls in die Öffnung, wo Danny ihn auf eine Treppenstufe zog. Lester schob ihren Maya vor sich durch den Ausgang, blieb dann aber an dem Felsvorsprung hängen und drehte sich zu den Frauen um. Sarah griff nach seinen Arm, zog sich daran in die Öffnung und wurde dann ebenfalls von Danny aus dem Wasser gezogen. Abby reichte zuerst den Maya an Lester weiter, den sie auch schnell in Sicherheit gebracht hatten, ehe sie selbst nach dem Vorsprung griff. Auf einmal brökelten die Steine unter ihren Fingern weg. Die Strömung riss sie mit sich, und sie schrie panisch auf. Lesters Hand packte ihr Handgelenk, und zog sie gegen die schmerzhaft drückenden Wassermassen zurück zu der Öffnung. "Sie sollen rausklettern, nicht weiterschwimmen!", schrie er gegen den Lärm an, und Abby warf ihm einen vernichtenden Blick zu. "Was Sie nicht sagen!", plärrte sie zurück. Lester nahm Abby vor sich und krallte sich mit beiden Händen an den Wänden der Öffung ein. Danny und Connor griffen nach ihnen und hievten sie auf die Steinstufen. "So, jetzt aber weg hier, ehe das Wasser uns einholt!", schlug Sarah vor, und sie packten die Mayas und sahen zu, dass sie davonkamen.
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Die Fußgänger, die sich gerade auf der Victoria Street befanden, staunten nicht schlecht, als plötzlich ein Gullideckel angehoben wurde, und aus der Kanalisation fünf verdreckte, blutige Gestalten krochen, die zerfetzte Anzüge und billige Touristenklamotten trugen. Sie schleiften drei bewusstlose Männer hinter sich her, die mit voller Mayamontur bekleidet waren. Und dass dann auch noch schwarze Wägen der Regierung auftauchten, um diese Gestalten aufzulesen, sorgte vollends für Verwirrung.
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Jenny Lewis hatte den Kopf gesenkt und starrte in das offene Grab, in das gerade der leere Sarg hinabgelassen wurde. Im Hintergrund erklang "Going where the lost ones go", und machte die ohnehin schon gedrückte Stimmung noch düsterer. Jenny konnte es gar nicht richtig glauben, dass Becker wirklich tot war. Sie hatte monatelang mit dem hübschen, jungen Soldaten zusammengearbeitet, dessen Loyalität und Humor sie immer ungeheuer geschätzt hatte. Und nun stand sie hier auf seiner Beerdigung, zwischen Danny und Connor, und starrte auf einen dunklen Eichensarg, von dem sie wussten dass er leer war. Obwohl man über eine Woche nach ihm gesucht hatte, hatten sie seine Leiche nicht mehr gefunden. Sie atmete tief durch und wischte sich die Tränen von den Wangen. Connor, Abby und Sarah schluchzten genauso laut wie sie selbst, Danny und Lester  weinten stumme Tränen. Als die Beisetzung endlich vorüber war, wartete sie auf Lester, um seine rechte Seite einzunehmen, genauso wie sie es früher immer getan hatte. Er lächelte sie traurig an. "Schade, Sie unter solchen Umständen wiederzusehen." Sie nahm seine Hand und drückte sie. "Es tut mir so Leid, James." Lester schluckte schwer und nickte. "Er war ein guter Mann." Sie gingen eine Weile schweigend nebeneinander her. Schon wieder waren ihre Freunde nur knapp dem Tod entkommen, und diesmal hatte es sogar einen von ihnen erwischt. Sie schielte auf Lesters Schlinge, in der sein Arm ruhte, diesmal auf der rechten Seite, und die Klammerpflaster, die den Schnitt an seinem Mundwinkel zusammenhielten. Auch Sarahs rechter Arm ruhte in einer Schlinge, Abbys Oberarm war eingebunden. Unter Dannys und Connors Hemden sah man die Umrisse von Verbänden. Connor hatte ihr von dem Machairodusbaby erzählt, das er gerettet hatte, und das den Aufenthalt in der Kanalisation gut überstanden hatte. Natürlich hatte er es behalten, und nun lebte es zusammen mit Sid und Nancy in Lesters geräumiger Penthouse-Wohnung. Connor und Lester hatten die Urzeitkatze natürlich Becky genannt. Jenny holte tief Luft. "Was?", wollte Lester wissen. Sie sah ihn lange nachdenklich an. Er sah nicht gut aus, krank, unausgeschlafen. "Ich habe mich nur gefragt... Naja, wie es jetzt weiter geht? Mit dem Team meine ich.", rückte sie schließlich nach einer Weile heraus. Lester neigte leicht den Kopf. "Nun, nach den jüngsten... Vorkommnissen hat das Ministerium beschlossen, mir einen Kollegen zur Seite zu stellen. Sein Name ist Philipp Burton und er wird dann soetwas wie mein... Aufpasser sein." Jenny hob eine Augenbraue. "Das ist unfair, was passiert ist war doch wohl nicht Ihre Schuld! Sie sind ein guter Abteilungsleiter!" Lester zuckte mit den Schultern, erwiderte aber nichts. "Und was gedenken Sie.... Mit Beckers Stelle zu machen? In dem Team fehlt jetzt jemand." "Wissen Sie, ich denke nicht, dass ich die vier noch einmal guten Gewissens auf eine Mission schicken könnte. Ich würde mir vermutlich jede Minute Sorgen machen. Und da ich zufälligerweise gar nicht so schlecht bin im Umgang mit Gewehren..." Lester brauchte gar nicht zu Ende zu reden. Jenny hatte auch so verstanden. "Sie treten dem Team bei?", fragte sie ungläubig. "Hmmm, sagen wir ich helfe aus, bis wir einen Ersatz für Becker gefunden haben." Er lächelte sie an. "Aber Sie sind noch für das Team zuständig, oder?", hakte Jenny nach. Lester nickte. "Klar. Die tun nichts ohne dass ich es nicht vorher erlaubt habe. Soll sich ja nicht alles ändern." Jenny blieb stehen und packte Lesers Unterarm. "Stellen Sie mich wieder ein.", verlangte sie und sah Lester fest in die Augen. Dieser hob eine Augenbraue. "Sind Sie sicher?" Jenny nickte heftig. "Ich bitte Sie. Ich werde sonst verrückt, wenn ich nicht weiß in welcher Gefahr ihr das nächste Mal schweben werdet." Lester dachte nur einen kurzen Augenblick nach. Dann lächelte er sie an. Diesmal berührte das Lächeln sogar seine Augen. "Willkommen zurück, Jenny." Jenny fiel ihm freudig um den Hals. "Jenny, au, Schulter!", sagte Lester und löste sich aus der Umarmung. "Sorry, ich danke Ihnen!", grinste Jenny. "Wieso werden hier Umarmungen verteilt?", wollte da Danny wissen. Er und die anderen hatten beim Friedhofsausgang auf sie gewartet. "Jenny ist jetzt wieder offiziell im Team.", verkündete Lester. Er sah in die Runde. Sie nahmen Jenny in den Arm und freuten sich genauso sehr wie sie über die Wiedereinstellung. Es war überhaupt das erste Mal seit Beckers Tod, dass er sein Team hatte lachen sehen, wenn auch mit geschwollenen Augen und verheulten Gesichtern. Er schloss die Augen und spürte zwei letzte, vereinzelte Tränen, die gemächlich über seine Wangen liefen. Immerhin konnte es jetzt nur noch wieder bergauf gehen.
    
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